Auf der Autobahn. Vor mir der endlose graue Asphalt. Weiße Streifen, Markierungen, Wegweiser. Das silbrige Metall der ebenso endlosen Leitplanken. Hinter mir im Rückspiegel nur Elend und Kummer. Über mir der dunkle Himmel mit seinem formlosen grauen Wolken, das letzte Licht des Tages. Die Räder fressen sich in den Asphalt, saugen ihn ein wie ein Magnet, spucken ihn hinterrücks wieder aus wie eine unappetitliche Mahlzeit. Im Rückspiegel ein Blick in die Vergangenheit, die ich mit jedem Meter, den ich gefahren bin, hinter mir lasse. Das immer selbe Spiel. Bäume und Sträucher eilen vorbei, sind für wenige Sekunden Teil meiner Gegenwart, bevor sie in der Vergangenheit des Spiegels im schwarzen Nichts verschwinden. Immer weiter vorwärts in eine unbekannte Zukunft, das Geschehene hinter mir lassend, das mich immer wieder einholt. Ich überhole andere. Jedes Blech birgt sein eigenes Schicksal, das ich nicht kenne und niemals kennenlernen werde. Das monotone Brummen des Motors besänftigt meine gequälte Seele. Von der leisen Musik aus dem Radio vernehme ich nur die immer gleichen Rhythmen, lullen mich ein, wie in Trance, während mein Blick wie hypnotisiert auf das graue Band des Asphalts vor mir gebannt ist. Raum ist Zeit und Zeit ist Raum. Mit jedem Kilometer verrinnen die Sekunden, Minuten und Stunden, wie der nie endende Lauf eines Uhrwerks. Ich entfliehe den düsteren Zeiten der Vergangenheit, bewege mich unaufhaltsam in Richtung Zukunft. Die Frau aus dem Süden. Ein endloser Schal um ihren Hals, endlos wie das graue Straßenband vor mir, das für den Bruchteil einer Sekunde meine vergängliche Gegenwart darstellt, dann verschwindet in der Vergangenheit des Spiegels. Mit jedem Tag verblasst das Bild der Frau aus dem Süden, um erneut in den buntesten Farben wieder vor meinem Auge aufzutauchen. Ihr helles Licht blendet mich, lässt mich erblinden für den Horizont vor mir, für die Vergangenheit, die mit jeder Sekunde im Rückspiegel kleiner wird, bis sie ganz aus meinem Leben verschwunden ist. Die Scheinwerfer fressen sich in die Dunkelheit, die mich umgibt, in den schwarzen Asphalt der Nacht. Die Schwärze der Nacht. Der Horizont der Zukunft ist nicht mehr erkennbar. Blindes Tasten in fremden Raum. Das Licht der Frau aus dem Süden blendet mich wie die mir entgegenkommenden Scheinwerfer, lässt einen Blick in die Ferne nicht mehr zu. Nur noch im Spiegel erkenne ich das Vorbeigezogene, die Gegenwart, als verronnene Vergangenheit. Ich sehe sie vor mir. Die Frau aus dem Süden. Blendend, betörend, hypnotisierend. Wie das Licht eines entgegenkommenden Scheinwerfers, die Eintagsfliegen anlockend, um sie in den sicheren Tod zu reißen. Umdrehen, Zurückfahren. Ein sinnloses Unterfangen. Die Vergangenheit ist nicht rückgängig zu machen. Nicht in der Dimension der Zeit. Zeit ist nicht Raum. Ich fahre weiter auf dem grauen Asphaltband. Trostlos, monoton. Die aufgehende Sonne, das Licht des anbrechenden Tages lässt das Blenden der entgegenkommenden Scheinwerfer ersterben. Und das Echo der Frau aus dem Süden wird verhallen und ihr Antlitz im Spiegel immer kleiner werden, bis es nicht mehr erkennbar ist.